Missverständnisse: Mensch-hund

In Sachen Körpersprache können in der Mensch-Hund-Kommunikation gerade hinsichtlich jener Verhaltensweisen Missverständnisse aufkommen, mit denen wir Interesse am anderen, Zuneigung und Freundschaft ausdrücken wollen. Das ist ziemlich tragisch, denn im schlimmsten Fall ruft das, was wir aus tiefstem Herzen freundlich und liebevoll meinen, beim Hund grosse Angst oder auch Wut aus. Der Grund dafür ist, dass einzelne Verhaltensweisen, mit denen sich Mensch und Hund ausdrücken, zwar ähnlich aussehen, unter Hunden aber etwas völlig anderes bedeuten als unter Menschen. Eine grosse Rolle spielt dabei, dass wir als Menschenartige zu den Primaten zählen, Hunde neben Wölfen, Kojoten, Schakalen, Füchsen oder Marderhunden zu den Hundeartigen. Zu den Verhaltensweisen, die besonders viel Potenzial für Missverständnisse bergen, zählen:


Verhalten des Menschen:

 

- anschauen

- direkter Blickkontakt:

Wirkung auf den Hund:

 

--> kann provozierend, bedrohend oder auffordernd wirken - höfliche Hunde vermeiden untereinander Blickkontakt und nähern sich bei Interesse am anderen mehr oder weniger wegsehend (oft im Bogen laufend) an.


- vorbeugen bzw. sich über jemanden beugen

(ohh ist der süss !):

- frontal auf jemanden zugehen

--> wie unter "Blickkontakt". Hund kann mit Freeze, Fight, Flight, Flirt (4F) reagieren.  Würden Hunde sich wie Menschen begrüssen (Blickkontakt haltend, direkt aufeinander zulaufend, winkend und rufend, die Hände reichend, umarmend) würde dies bedeuten, dass wir unserem Freund hier und jetzt an den Kragen wollten, und zwar nachhaltig... Die Hunde können das aber lernen, aber nicht einfach durch Zumutung sondern mit Geduld und Verständnis.


- streicheln

- umarmen

- festhalten

- hochheben bzw. auf den Arm nehmen

--> Kaniden lecken einander das Gesicht oder die Ohren. Viele Hunde kommen aber auf den Geschmack des gestreichelt Werdens, aber nicht alle. Für einige bleibt es lästig. Hunde umarmen einander in der Auseinandersetzung, in der Demonstration von Überlegenheit, im Kampf. Wenn sie es im Spiel tun, dann versichern sie sich durch Verhaltensweisen wie Spielgesicht, Vorderkörpertiefstellung und Versöhnungssignalen mehrfach und sehr eindringlich, dass die Umarmung nicht ernst gemeint ist.


- küssen

--> hygienisch z.T. bedenklich, Schnauzenzärtlichkeit gibt es auch unter Hunden - wichtig unsere Körpersprache davor und danach, kann sonst mit den 4F (siehe oben) reagieren.



Verhalten des Hundes:

 

- mit dem Schwanz wedeln

Interpretation des Menschen:

 

--> Aufregung, Freude (Rute locker), Anspannung


- sich auf den Rücken legen

 

--> passive Unterwerfung, oder am Bauch gestreichelt werden ? Die Unterscheidung ist vergleichsweise einfach: Ein Hund, der in Ruhe gelassen werden will, entspannt sich unter einer Berührung nicht, und wer dann einmal auf die Mimik des Hundes achtet, wird häufig auch mehr oder weniger stark ausgeprägte Anzeichen von Unsicherheit, Furcht bzw. Angst entdecken oder diverse Beschwichtigungssignale erkennen.


- Hochspringen

--> aktive Unterwerfung (möchte beschwichtigend seine Schnauze an unsere Mundwinkel drücken), oder Freudentaumel ? Hunde, die gegenüber Fremden unsicher sind oder sich fürchten, reagieren zuweilen ebenfalls mit aktiver Unterwerfung, wenn sie einem Fremden begegnen. Das sind die Hunde, die sich trotz ihrer Furcht beim Anblick eines Fremden beinahe "totfreuen", vor ihm wild herumwuseln, hochspringen und sich vielleicht auch auf den Rücken rollen. Kann der Hund seine Furcht nicht überwinden, erwächst darauf nicht selten eine spätere Aggressivität gegen Fremde.


- Urinieren

--> Unterwerfungsgeste, um Gnade flehen, Hunde urinieren nicht aus Protest.


- Knurren

- aggressive Kommunikation

--> aus Angst, Ärger, Wut, Vorwarnung zum beissen. Es ist aber keineswegs so, dass Knurren und diverse Drohsignale unausweichlich eine Beissattacke zur Folge haben, ganz im Gegenteil: Aggressive Kommunikation dient vielmehr dazu, Schlimmeres zu vermeiden. Wenn der Angeknurrte versteht und die Bedürfnisse des Knurrens respektiert, wird er sich zurückziehen. Hunde müssen das aber zum Teil auch wieder lernen, wenn sie wenig Kontakt mit Artgenossen haben. Dazu sind Spaziergänge mit Artgenossen oder einen Aufenthalt in einem ausgeglichenen Rudel unter fachlicher Aufsicht ideal.


 - Dominanz

 

--> ist keine persönliche Eigenschaft, sondern eine Eigenschaft von Beziehungen, eine Art Zustand, der zwischen zwei Individuen erarbeitet und ausgehandelt werden will.